Audioguide Weingarten

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Marion Jontofsohn

 

 

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Marion Jontofsohn
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notenIch wollte es wagen – Die Eröffnung des Buchladens im EKZ
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notenDie Kinder waren mir die liebsten – Kinderbücher, Schulen und gute Kunden
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notenWelches Buch passt zu wem?
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Ereignisse

notenJemand Berühmten einladen – Lesungen
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notenDie Buchvorstellung im Herbst
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notenDas Weingärtner Lesebuch –
die Erzähler_innen kamen von selbst

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Textfassung der Audiodateien

„Ich war der Meinung: Alle wollten den Buchladen“

Marion Jontofsohn

… betrieb von 1984 bis 2004 einen kleinen Buchladen im Einkaufszentrum Weingarten und engagierte sich während dieser Zeit in verschiedenen literarischen Projekten. Im Interview erzählt sie davon, auf wie vielen Wegen sie versucht hat ein Buch zu verkaufen, von Kinderbüchern und Lesungen und dem Weingartener Lesebuch, in dem Weingärtner_innen Geschichten, Gedichte und Lieder aus und über ihren Stadtteil veröffentlichten.

Vor etwa 25 Jahren habe ich in Weingarten im Einkaufszentrum einen Buchladen aufgemacht. Es ist ungewöhnlich, da einen Buchladen zu haben, das wurde mir immer wieder gesagt, aber für mich hat sich das so ergeben. Ich war mit der PH fertig und die Lehrer haben alle keine Stelle bekommen. Da musste ich mich nach was anderem umsehen und habe eine Umschulung als Buchhändlerin gemacht. Dieser Laden in der Stadt hatte eine Filiale in Weingarten und ich wurde in diese Filiale geschickt. Da war ich das erste Jahr und das zweite sollte ich dann in der Stadt sein. Aber immer wenn Ausfälle waren, war ich wieder hier.
Da konnte ich sehr schön den Unterschied zwischen Stadt und Weingarten kennen lernen. Die Leute hier in Weingarten waren viel freundlicher, es war persönlicher. Ich konnte nicht unterwegs sein ohne dass ich begrüßt wurde, man hat ein paar Worte miteinander gewechselt, also wie aufm Dorf, auch mit den kleinen Läden. Ich war immer froh, wenn ich nach Weingarten gehen konnte.

Dann war klar, dass dieser Buchladen schließen sollte. Er war sehr groß – da, wo jetzt der Bäcker Pfeifle drin ist und der Friseur, das war alles der Buchladen, mit zwei Eingängen. Er war wunderschön und die letzten vier Monate war ich dort ganz alleine. Meine Ausbildungszeit ging zu Ende und ich konnte mir in aller Ruhe überlegen, ob ich das wohl schaffen würde, da einen eigenen Buchladen aufzumachen. Pfeifle mit KindImmer wieder habe ich mir überlegt, wie die Rahmenbedingungen sein müssten und bin zu dem Schluss gelangt, dass ich es wagen wollte. Er war dann nur noch ein Drittel so groß aber groß genug. Ich habe geschaut, dass ich die Grundkosten niedriger halten konnte und bei der Miete hat sich die Stiftungsverwaltung eingeschaltet.
Allerdings habe ich sehr viel Vorarbeit geleistet. So lange ich da war, habe ich immer Werbung gemacht für den Buchladen, der noch nicht da war. Und auf diese Weise war das im Stadtteil bekannt und ich war der Meinung: Alle wollten den Buchladen.

Statt Goethe und Schiller
gehen hier heute Brötchen und Brezeln über die Theke

Die besten Kunden: Kinder

Ich wusste aber auch, dass das nicht reicht. Und da ich ja bis dahin Lehrerin für Grund- und Hauptschulen war, habe ich an die Schulen gedacht. Und die habe ich nie vergessen. Aus Zeitgründen konnte ich das nicht so entwickeln, wie das nötig gewesen wäre, aber die Schulen im näheren Umkreis haben mir immer viel Freude gemacht. In der Pestalozzischule habe ich 10 Jahre lang jedes Jahr eine Buchausstellung gemacht und von Oktober bis Weihnachten haben die das nicht vergessen, haben sich vorher Notizen gemacht bei der Ausstellung und sind rüber gewandert. Das war immer sehr schön. Oder in einer Schule in der March musste ich jeder Klasse vorlesen. Das hat mir besonders gut gefallen, wenn die Kinder im Jahr drauf noch wussten, was ich im Jahr zuvor erzählt hatte. Und die haben auch keine Mühe gescheut und sind zu mir in den Laden nach Weingarten gekommen. Da habe ich dann aber doch ein bisschen den Unterschied gesehen zwischen richtigem Dorf und diesem Stadtteil.

Es hat überwiegend sozusagen die Oberschicht bei mir Bücher gekauft. Aber immer nach so einer Buchausstellung in der Schule sind auch ganz andere Leute gekommen, sehr oft Omas mit dem Zettel in der Hand, den ihre Enkelkinder geschrieben hatten. Ich habe mehr und mehr den Kinderbuchsektor ausgebaut und der war mir auch der liebste. Die Bücher habe ich alle einzeln ausgewählt – das war eine sehr schöne Kinderbuchabteilung. Wenn ich jetzt für meine Enkel in die Stadt gehe und schau, da denke ich immer: „Bei mir hätte ich schönere Sachen gefunden.“

Ich mochte, dass die Leute so interessiert sind und dass sie auf mich gehört haben. Aber am meisten habe ich die Kinder gemocht, die sich sehr interessiert haben. Ich hatte einen guten Kunden, der war Lehrer an der Gesamtschule. Der ist dann mit seiner 5. Klasse gekommen. Bevor der Laden aufgemacht hat, habe ich ihnen Bücher vorgestellt und vorgelesen. Dann sind sie alle nachhause gegangen und später kam der ein oder andere von weiß Gott woher und hat sich ein Buch gekauft.

Es war wirklich nicht einfach, ein Buch zu verkaufen. Man musste das Buch kennen und wissen, zu wem es passt.  Aber so schwierig, wie man von außen denkt, ist es dann doch nicht. Es ist so ähnlich, wie wenn man den Weg zum Geschäft kennt, so kennt man dann auch das passende Buch für den Kunden. Ich will nicht übertreiben, aber es hat oft gestimmt.

Buchladen
So hat der Buchladen damals ausgesehen

Lesungen und Buchvorstellungen

Ich habe auch nie vergessen, dass es eine gute Idee wäre, mal eine berühmte Autorin für eine Lesung einzuladen. Und da haben wir mal die Emine Sevgi Özdamar eingeladen: Die Brücke vom goldenen Horn. Das war wirklich ein großes Ereignis. Wir sind alle ins Stadtteilbüro, da waren vielleicht 100 Leute, das hat den ganzen Stadtteil interessiert und begeistert. Und nach solchen Ereignissen kommen die Leute dann auch in den Buchladen. Auch eine Kinderbuchautorin habe ich mal eingeladen: Antje von Stemm. Die macht lustige Bastelbücher mit Text. Ich hatte das Buch bestellt, gelesen und es hat mit super gut gefallen. Dann habe ich die Antje von Stemm auf der Buchmesse getroffen und gefragt, ob sie kommen würde. Das Buch hat später dann einen Jugendliteraturpreis bekommen.

Das Ereignis im Herbst waren immer die jährlichen Buchvorstellungen. Mit meiner Tochter zusammen haben wir an einem Sonntag im Laden Bücher vorgestellt. Das war dann so im kleineren Rahmen – 25-30 Leute gingen in den Laden rein. Wir haben überwiegend erzählt und ein paar Textstellen gelesen. Das fanden die Leute immer sehr interessant.

Das Weingärtner Lesebuch

Es sollte ein Buch von Weingärtnern für Weingärtner sein. Damit die Menschen sich selbst repräsentiert sehen. Das fördert das Gemeinschaftsgefühl, dass sie wissen: Wir sind so nah an der Stadt, aber trotz allem eine eigene Gemeinde. Denn die Leute haben ja nicht wirklich die Vorzüge vom Dorf, wo die Menschen richtig aufeinander bezogen sind. Die sind immer zur Stadt hingerichtet und so was hilft ein bisschen. Und es sind ja viele verschiedene Leute, nicht nur eine Gruppe.

Ich war in einer günstigen Lage, um Leute zu finden, die etwas für das Lesebuch schreiben wollten. Die sind ja schon alleine in den Buchladen gekommen. Ich musste nur diejenigen fragen, von denen ich dachte, sie würden schreiben und sie hätten auch was zu erzählen. Ich wusste schon, wen ich interessant fand. Wen ich unbedingt dabei haben wollte, war der Abenteuerspielplatz. Den finde ich bis heute sehr beeindruckend. Und da war auch wieder der Bezug zu den Kindern. Da bin ich dann hin, habe die Kinder gefragt und sie haben mir was erzählt. Sie sollten sich erst ein paar Stichworte machen und dann aufschreiben. Das Schöne ist – alle Beiträge, die ich begleitet habe, sind dann bei Radio Dreyeckland gesendet worden. Die Kinder waren also auch im Studio. Ich habe die Beiträge in ihrer Sprache gelassen, nur grobe Sachen verbessert.

Außerdem fand ich es wichtig, dass die Sintis im Lesebuch vertreten sind. Das war nicht einfach. Da musste sie jemand fragen, der sie kennt und die haben immer Absagen gekriegt. Es hat schon so ausgesehen, als ob jetzt nichts mehr zu machen ist. Und da kommt doch tatsächlich einer zu mir in den Laden und wollte eine Bibel kaufen. Da habe ich ihn gefragt und er war einverstanden, allerdings unter der Bedingung, mitten in der Verkaufszeit unter den Leuten zu sitzen und mit ihm zu reden. Das war sehr anstrengend.

Das Interview führte Anna Trautwein am 24.07.12

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