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notenVon der Innenstadt nach Weingarten
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notenDer Frauentreff und die
Amerikanerin

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notenEine zusätzliche Oma
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noten- Es hat mich noch gut erwischt
– Lebensgeschichten

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notenTolle Sache - Abenteuerspielplatz
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Textfassung der Audiodateien

„Was will die Ausländerin hier? Das ist eigentlich unser Bereich“

Tatjana Novak *

Tatjana Novak wurde in Polen geboren, zog als junge Frau nach Deutschland und lebt seit 2004 in Weingarten. Im Interview erzählt sie davon, wie sich der Blick auf ihr eigenes Leben durch den Austausch mit anderen Frauen veränderte und von der zusätzlichen Oma für ihre sieben Kinder.

Wir sind nach Weingarten gekommen, weil wir etwas Größeres gesucht haben. Zuvor haben wir in der Stadtmitte gewohnt. Ich fand es sehr teuer dort. Wir hatten erst Bedenken, hier hin zu ziehen, aber das war die einzige Möglichkeit, eine größere Wohnung zu bekommen mit damals sechs Kindern. Es hieß immer: Bloß nicht Krozinger Straße! Da gibt es so viel Kriminalität und da stehen jeden Tag Polizeiwagen... Also ich habe sehr viele Ängste gehabt, aber heute denke ich, ich war richtig dumm, dass ich die Ängste hatte. Es ist einfach super, viel besser als in der Stadtmitte, viel ruhiger. Es ist alles am Platz: Einkaufszentrum, Kita, Spielplätze...  an jeder Ecke tolle, saubere Spielplätze.  Viele Menschen kommen auf einen zu und sind hilfsbereit. Eigentlich bin ich ziemlich zurückhaltend, aber die sind alle auf meinen Mann zu und haben gefragt: „Sollen wir was helfen beim Umzug?“ Es war von Anfang an eine sehr warme Atmosphäre.

Dort, wo wir in der Innenstadt gewohnt haben, haben überwiegend alte Leute und Studenten gelebt. Ansonsten waren nur viele Kneipen dort. Die älteren Leute waren sehr abweisend. Nach dem Motto: Was will die Ausländerin hier? Das ist eigentlich unser Bereich. Und die Studenten haben sich nur um sich gekümmert. Die blieben unter sich und wollten gar nichts mit uns zu tun haben –  halt junge Leute. Hier war das gleich anders.

Die Kinder fühlen sich auch sehr wohl hier, sie haben hier Freunde gefunden. Das war ein sehr großes Problem in der Stadtmitte, besonders für die größeren Kinder, weil da sehr wenige Kinder gelebt haben. Hier hatten sie plötzlich ganz viele Freunde. Das war wie im Paradies. Jetzt leben wir hier seit acht Jahren und sind sehr glücklich damit.

Die Amerikanerin und der Frauentreff

Ich habe immer gedacht, ich habe keine Zeit für so was mit meiner großen Familie. Als Hausfrau muss man alles sauber auf Top halten und  ich kann mir so was nicht erlauben. Dann habe in meiner Straße eine Frau kennengelernt, die auch ihr Kind hier in der Kita hatte. Das war eine Amerikanerin. Die hat zu mir gesagt: „Es wäre schön, wenn wir uns bei einem Kaffee treffen würden!“ Da habe ich es einfach mal versucht. So haben wir uns zum Frauentreff getroffen. Das war richtig schön, ich hab das sehr genossen. Wir zwei konnten miteinander reden und es kamen noch viele andere Frauen dazu. Wenn man irgendwo nicht weiter wusste, wurde einem zugeraten. Man hat vieles erfahren, vieles austauschen können.
Das mache ich immer noch, auch wenn die Amerikanerin jetzt wieder nach Amerika zurück gegangen ist. Wir sind mit der Frau immer noch in Kontakt, schreiben Karten oder Mails und sie schreibt immer wieder, dass sie am liebsten zurück möchte nach Weingarten und in den Treff zurück kommen würde. Denn sie hat dort versucht, auch so etwas zu organisieren, aber das hat nicht geklappt, die Frauen sind nicht gekommen.
Was auch toll ist: es gibt eine Kinderbetreuung. Ich habe noch ein kleines Kind und dann kann ich das genießen, dass das versorgt ist und ich in Ruhe mit anderen Müttern reden kann. Das ist ja sonst nie der Fall, weil auf dem Spielplatz muss man auch immer die Augen offen haben.

Es geht um alle Themen, die man als Frau zum Leben braucht – Probleme mit Kindern, welche weiterführenden Schulen es gibt. Es kommen auch viele muslimische Frauen und dann geht es z.B. darum, wo sie zum Schwimmen hingehen könnten. Oder letztens wollten die Frauen zum Sport gehen und da wurden dann Tipps gegeben, wo es Sportangebote ohne Männer gibt.

Es hat mich noch gut erwischt

Man erfährt sehr viel über das Leben der anderen Frauen und dann denkt man: Oh, da bin ich eigentlich noch in einer guten Situation gewesen zuvor! Was manche dort erlebt haben – Krieg, Hunger oder wie sie mit dem Schiff geflüchtet sind und in Lebensangst waren... Man lernt halt immer wieder was Neues.

Also bei uns zuhause hatten wir auch oft nicht mal Geld, um ein Stückchen Brot zu kaufen. Ich komme aus einer Familie mit vier Kindern. Wir sind ohne Vater aufgewachsen, weil er mit 42 bei einem Autounfall verunglückt ist. Meine Mutter musste uns alleine großziehen, was nicht immer einfach war. Sie musste arbeiten gehen und danach ist sie noch ins Altenheim gegangen, um dort zu helfen – alte Leute waschen, im Garten arbeiten...  Da hat sie aber kein Geld bekommen, nur Kleider für uns von der Caritas. Und ich musste immer auf meine kleineren Geschwister aufpassen. Also, es war nicht immer einfach, aber wenn man dann so die Geschichten von anderen hört, denkt man: Es hat mich eigentlich noch sehr gut erwischt.
Ich habe als junge Frau meinen Mann kennengelernt, der auch von drüben kommt und auf diese Weise bin ich mit 21 Jahren hier her gekommen.

Eine zusätzliche Oma

Wir haben eine zusätzliche Oma und sind sehr glücklich darüber, dass sie regelmäßig kommt und uns immer mit einem Kind entlastet. Es kommt immer ein Kind der Reihe nach dran. Die Kinder freuen sich darauf: Heute kommst du und das nächste mal bin ich wieder dran. Entweder gehen sie Fahrrad fahren oder etwas spielen oder sie nimmt das Kind einfach zu sich. Dann spielen sie auch mit dem Opa oder basteln etwas.
Für uns ist das toll und die Omi ist auch immer sehr glücklich. Sie hat schon große Enkel und deswegen genießt sie das einfach mit kleinen Kindern. Sie wohnt eben auch hier in Weingarten, nicht weit von uns. Sie hatte in St. Andreas nachgefragt hat, ob die eine Familie mit vielen Kindern kennen, wo sie helfen könnte. Und Gott sei Dank wurden wir genannt. Inzwischen ist eine sehr warme Atmosphäre entstanden. Diese Oma und dieser Opa gehören jetzt fast wie zur Familie – als ob es unsere eigenen wären. Denn wir selbst haben keinen Opa und nur eine einzige Oma, die anderen sind leider schon verstorben. Besonders der Opa ist deshalb halt sehr begehrt. Ich denke, das kam einfach so vom Himmel!

Das Interview führte Anna Trautwein am 26.03.12

* Name von der Redaktion geändert

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