Audioguide Weingarten

linie-3
Maria Probst
Christa Bierfreund
Albrecht Wurnig
Irene Läuger
Maria Wolf

 

 

Rosano Reinhardt

 

 

Lotte Birgel
Marion Jontofsohn
Clemens Hauser
Niglo Reinhardt
Svieta Michael
Ismael Reinhardt
Sonny Ezeala
Elena Khramtsova
Rosano Reinhardt
Hannes Hog
Dirk Oesselmann
Michel Buffet
Tatjana Novak
Frank Zamboni

Nachhören

Sie können die Titel
auch downloaden
(Rechte Maustaste > Ziel speichern unter)

notenDas ist Rosano
Ihr Browser kann den Player leider nicht anzeigen:
- Sie können die mp3-Dateien auch downloaden
- Sie müssen geblockte Inhalte zulassen

Musik

notenAlle sind musikalisch geprägt
Ihr Browser kann den Player leider nicht anzeigen:
- Sie können die mp3-Dateien auch downloaden
- Sie müssen geblockte Inhalte zulassen

notenMein Stil: R&B-G-Funk-HipHop-Mix
Ihr Browser kann den Player leider nicht anzeigen:
- Sie können die mp3-Dateien auch downloaden
- Sie müssen geblockte Inhalte zulassen

notenWir wollen mit der Musik was erreichen
Ihr Browser kann den Player leider nicht anzeigen:
- Sie können die mp3-Dateien auch downloaden
- Sie müssen geblockte Inhalte zulassen

Die Sinti-Gemeinde

notenWir Sinti sind selbständig
Ihr Browser kann den Player leider nicht anzeigen:
- Sie können die mp3-Dateien auch downloaden
- Sie müssen geblockte Inhalte zulassen

notenWir sind Leute, die was tun
Ihr Browser kann den Player leider nicht anzeigen:
- Sie können die mp3-Dateien auch downloaden
- Sie müssen geblockte Inhalte zulassen

notenViele sind eher für sich
Ihr Browser kann den Player leider nicht anzeigen:
- Sie können die mp3-Dateien auch downloaden
- Sie müssen geblockte Inhalte zulassen

Weingarten und Auggener Weg

notenHier fühl ich mich geschützt
Ihr Browser kann den Player leider nicht anzeigen:
- Sie können die mp3-Dateien auch downloaden
- Sie müssen geblockte Inhalte zulassen

notenDas war ein Sturmkommando
– Razzia im Auggener Weg

Ihr Browser kann den Player leider nicht anzeigen:
- Sie können die mp3-Dateien auch downloaden
- Sie müssen geblockte Inhalte zulassen

notenDer Polizist war ein Herzensmensch
Ihr Browser kann den Player leider nicht anzeigen:
- Sie können die mp3-Dateien auch downloaden
- Sie müssen geblockte Inhalte zulassen

Textfassung der Audiodateien

„Lukas und ich wollen mit der Musik die Welt verändern“

Rosano Reinhardt

… wurde in Freiburg geboren und lebt seit dem im Auggener Weg in Weingarten. Er arbeitet als selbständiger Antiquitätenhändler und als Musiker. Im Interview erzählt er von Ausgrenzungs- und Diskriminierungserfahrungen als Sinti genauso wie von Selbständigkeit und Gemeinschaftsgefühl. Er beschreibt Weingarten als einen Ort, an dem er sich geschützt fühlt.

Ich bin Rosano Reinhardt. Mein deutscher Name, also der Name, der im Pass steht, ist Simon Rosario Reinhardt, aber ich werde von allen Rosano genannt. Ich komme aus Freiburg Weingarten, bin hier auch geboren und aufgewachsen. Ich bin Musiker, ich singe. Von der Herkunft bin ich deutscher Sinti. Wir Sinti machen selbständige Arbeit – Antiquitätenhandel, Holz- und Schmuckhandel, Dach- und Fassadenreinigung. Doch hauptsächlich bin ich Musiker und in dem Bereich möchte ich auch weiter arbeiten und Erfolg haben.

Karussel Hochhaus
Rosano bei einem Projekt mit Kindern und Jugendlichen in Weingarten

Wir sind selbständig

In der Grundschule war ich auf der Haus-Weingarten-Schule. Ich hatte auch Erfolg und bin danach auf die Pestalozzi Realschule, da war ich bis zur 7. Klasse.  Dann bin ich auf die Vigeliusschule gewechselt und habe von dort aus weitere Lehren beendet. Ich habe mich selbständig gemacht und bin im Antiquitätenbereich tätig geworden. Dort habe ich ein Gewerbe aufgemacht. Das kam durch den Vater, der ist Antiquitätenhändler. Ich bin also schon mit viel Selbständigkeit aufgewachsen. Das macht mich auch irgendwie aus. Im Auggener Weg bei uns sind die Sinti alle selbständig, nur wenige arbeiten für den Staat oder so.

Als Selbständiger lernt man immer neue Leute kennen, weil man überall in Deutschland und auch im Ausland unterwegs ist. Wir gehen auch mit der Sintigemeinde auf Reisen. Da sind wir 300-400 Wohnwägen alle zusammen, halten gemeinsam Gottesdienste ab und sind nebenher auch im Geschäftsbereich tätig. Fast jedes Jahr im Sommer fahren wir auf Reisen – eben geschäftlich und auch im ein bisschen, um in Deutschland Urlaub zu machen. Wir fahren auch ganz normal in den Urlaub, nach Italien oder so, doch wenn wir mit Sinti auf die Reise gehen, dann sind wir zusammen in der Gemeinschaft.

Ich denke, die Entscheidung, selbständig zu arbeiten, hängt auch ein bisschen mit Ausgrenzungserfahrungen zusammen, nach dem Motto „Die Sintis, die Zigeuner – kann man denen auf dem Arbeitsmarkt vertrauen? Sind die würdig im Arbeitsmark?“ Ich sage: „Ja, das sind wir, wir haben auch Erfolg.“ Es gibt immer mal ein schwarzes Schaf, aber das gibt’s überall.

Musikalisch sind alle geprägt

Es gibt viele Musiker bei den Sinti – viele Sänger, viele Gitarristen, viele Klavierspieler... Also musikalisch sind sie alle geprägt! Bei uns hat der Ismael Reinhardt damit begonnen , der ist Gitarrenspieler und Sänger und hat einen ähnlichen Stil wie George Benson. Sein Bruder Bambi Reinhardt ist auch Musiker. Die beiden arbeiten schon lange in dem Bereich und haben auch Erfolg.

Aber wir sind alle mit Musik groß geworden. Wenn wir einen schönen Tag  miteinander verbracht haben, wurde Gitarre gespielt, wurde gegrillt, sich unterhalten, ein kaltes Bier neben her, Kaffee und Kuchen... Aber es wurde immer Musik gespielt und das hat dann die Harmonie zwischen uns gebracht. Also viele Lieder machen uns sozusagen aus.

Meine eigenen Stile sind Soal, R&B, Funk, G-Funk und Deutsch-HipHop. Wenn ich deutschen HipHop mache, singe ich aber R&B. Oder mein Kollege, der Lukas Escape, der rapt und ich mach die Hooks dazwischen, also die Refrains. Ich bin eher der Sänger. So haben wir uns dann zusammengefunden, haben unsere Musik zusammengebracht, damit sich ein R&B-G-Funk-HipHop-Stil ergibt. Lukas Escape und ich arbeiten seit ungefähr zwei Jahren zusammen. Hier in Freiburg sind wir auch schon bekannt. Unsere Projekte werden mit gutem Herzen Erfolg haben.

Wir stehen hier vor dem Jugendzentrum in Weingarten, Karussel Hochhaushier sind wir aufgewachsen und viele Kinder haben wir schon mit geprägt durch unsere Musik. Die sind auch stark geworden durch unsere Projekte und das hat viel ausgemacht. Das macht auch Spaß und wir wollen damit auch was erreichen.

Wenn ich ein Lied über Weingarten schreiben würde, würde ich Zusammenhalt beschreiben, Freude, Lust am Leben und die harten Zeiten, wo es auch mal schwierig wird, wo wir trotzdem weiter laufen. Diese Menschen würde ich beschreiben, das ist Weingarten. Ich ziehe das nicht hervor, aber ich denke, die schwierigsten Lebenslinien sind in Freiburg eher hier in Weingarten.

Vor dem Jugendzentrum Weingarten

 

Wir sind Leute, die was tun

Wir Sinti sind in Deutschland geboren. Dann gibt es wieder Roma, die kommen aus Jugoslawien und Rumänien. Das ist wieder ein ganz großer Unterschied, die sprechen eine andere Sprache, auch wenn einige Wörter ähnlich sind, und haben eine ganz andere Kultur. Wir sind Christen, wir haben alle einen deutschen Pass, waren auf der deutschen Schule und so sind wir aufgewachsen.

Es gibt eine Sinti-Union, die sich für die Sinti in ganz Deutschland einsetzt. Die organisieren viel, auch im Musikbereich und unterstützen Musiker. Also wir sind schon eine Gesellschaft in Deutschland, die auch was tut und die mit Deutschland verbunden ist.

Viele der Sinti in Weingarten sind eher für sich und mit ihren Familien zusammen. Die arbeiten viel, um ihre Familie stark zu machen und dann sind sie nicht so außerhalb ihrer Gemeinde unterwegs. So wie Lukas und ich, dass wir gemeinsam was erreichen wollen, um mit der Musik die Welt zu verändern, das ist eher selten.

Hier fühle ich mich geschützt

Hier in Weingarten fühle ich mich zuhause, hier fühle ich mich geschützt. Wenn ich woanders bin, mache ich mir auch keine Sorgen, ich bin ja ein weltlicher Mensch, doch sobald ich Weingarten fühle, fühle ich mich heimisch. Das ist ein gutes Gefühl, hier zu sein, da ich hier viele Leute kenne. Direkt im Auggener Weg kennen sich alle und das ist das, was uns glücklich macht – der Zusammenhalt und die gegenseitige Hilfsbereitschaft. Auch andere sind bei uns willkommen, Ausländer, Deutsche... auch Hyänen, wenn sie uns nicht beißen.

Aber es gab mal eine Razzia bei uns im Auggener Weg. Da ist die Polizei nicht normal vorgegangen, da kamen sie mit 150 Leuten. Ich bin an dem Tag morgens zur Schule gegangen. Als sie kamen, stand ich an der Straße, da war noch eine Bushaltestelle. Alle kamen aus den Häusern auf die Straße gerannt, der ganze Auggener Weg war erschrocken. Die Polizisten  haben nicht geklingelt, um die eine Person zu verhaften, sondern die haben die Tür mit einem Eisenbock eingeschlagen und gestürmt. Das war ein Sturmkommando. Hätten sie geklingelt, dann hätte eine ganz normale Person die Tür aufgemacht und sich verhaften lassen. Und da sehe ich ein bisschen Rassismus bei der Polizei – sie hatten einfach  Angst, dass wir handgreiflich werden und dachten, dass sie so schneller voran kommen.
Ich war schon erschrocken. Ich war vielleicht 12 oder 13 und als ich dieses Sturmkommando sah, habe ich mir natürlich Sorgen um meine Leute gemacht, was wohl passiert ist. Aber es hat sich dann alles geklärt und ich habe nicht weiter darüber nachgedacht. Es war halt schon ein schreckhafter Augenblick.

Ich halte nicht so viel von der Polizei, aber es sind auch nicht alle gleich. Mein Vater arbeitet ja schon lange im Antiquitätenbereich. Und wir hatten einen Restaurator, der früher mal Polizist war. Der hat über 30 Jahre mit uns gearbeitet. Der ist leider verstorben, aber es war ein sehr guter Mensch und das war ein Polizist. Ein Herzensmensch sozusagen.

Das Interview führte Anna Trautwein am 11.07.12

Diesen Text drucken      oder      als PDF herunterladen